Philipp Sauber in der NZZ executive
Im Mai 2014 durfte ich in der NZZ executive ein Interview geben. Zu der Zeit führte ich die INM AG mit rund 50 Mitarbeiter am ursprünglichen Standort in Wetzikon.
Rund 3 Jahre später fusionierte ich meine Agentur mit der Plan.Net Suisse AG, welche noch heute zur internationalen Serviceplan Gruppe gehört.
Der Titel meines Interviews lautete: "Man muss sich in die Mitarbeiter versetzen können". Ein Credo, hinter dem ich auch heute noch stehe.
Hier das PDF des Arktiels aus der NZZ:
Hatten Sie als Kind einen Traumberuf? Mehr einen Traum. Ich wollte Skirennfahrer werden. Ich war beeindruckt vom Mut der Abfahrer am Lauberhornrennen, das waren für mich Helden.
Was würden Sie anders machen, wenn Sie nochmals von vorne beginnen könnten?
Eigentlich nichts. Ausser: Ich lernte als Kind sieben Jahre lang Klavierspielen und habe das nicht fortgeführt. Das war jugendlicher Leichtsinn.
Wie wurden Sie von Ihren Lehrern eingeschätzt?
Als Minimalist. Ich habe geschaut, einfach durchzukommen. Die nötige Leistung habe ich immer gebracht. Aber ich muss zugeben, dass ich auch Unsinn im Kopf hatte, was dann dazu führte, dass meine Betragensnoten gelegentlich Luft nach oben hatten.
Auf welche ausserschulische Leistung in Ihrer Jugend sind Sie noch heute stolz?
Ich war Schweizer Jahrgangsschnellster im 200-Meter-Rennen. Ich brachte die nötigen körperlichen Voraussetzungen mit, die Anerkennung, die ich dadurch erfuhr, motivierte, man spürt seinen Körper, bringt Leistung. Aber das Wichtigste war, dass das Disziplin lehrt. Vier Mal die Woche eisern trainieren, auch am Samstagmorgen.
Ist die Management-Ausbildung auf der Höhe der Zeit?
Ich bin der typische Inhaber einer KMU und habe mir Management mit «learning by doing» angeeignet, nicht in einer Ausbildung. Nachdem ich Elektrotechnik am damaligen Technikum Rapperswil gelernt hatte, ging ich drei Jahre nach Holland und beschäftigte mich dort in einer Logistik-Firma mit dem wirtschaftlichen Teil, Due Dilligence, Audits.
Wo würden Sie in der Führungsschulung andere Akzente setzen?
Ich erlebe jeden Tag, dass psychologische Aspekte entscheidend sind. Mitarbeiter fördern, motivieren, der menschliche Faktor ist entscheidend und wichtiger als Prozessabläufe und Tools. Zudem: Wenn jemand charakterlich nicht für Führungsaufgaben geeignet ist, nützen Führungsschulungen überhaupt nichts.
Wer hat Sie am meisten gefördert?
Ich mich selbst. Ich habe weder Druck von aussen erlebt, noch Förderung. Das kam alles von innen, aus mir selbst.
Welche Person ist für Sie ein berufliches Vorbild?
Ich habe keine Vorbilder im Sinn von Namen oder Persönlichkeiten. Man kann sich von vielen Menschen etwas abschauen. Das kann ein junger Koch sein, der ein rentables Unternehmen führt. Oder ein Sportler, der nichts dem Zufall überlässt und mit Akribie und Disziplin alles aus sich herausholt.
Welches sind für Sie die wichtigsten Tugenden eines Vorgesetzten?
Man muss sich in die Mitarbeiter versetzen können. Ihre vorhandenen Eigenheiten verstehen, statt sie zu verurteilen. Man sollte nie denken, dass jemand etwas aus Böswilligkeit oder absichtlich falsch macht. Ausserdem muss man sich bewusst sein, wie man wirkt, man wird schliesslich immer beobachtet und taxiert. Hat man dazu noch eine positive Ausstrahlung, wird man als Vorgesetzter akzeptiert.
Welche Eigenschaften Ihrer Mitarbeitenden halten Sie für besonders wertvoll?
Wir sind bei all unserem technischen Know-how als Webagentur ein Dienstleistungsunternehmen. Deshalb ist ein guter und freundlicher Umgang mit Kunden besonders wichtig. Aber auch mit den Kollegen. Loyalität zum Unternehmen ist ebenfalls entscheidend.
Was bringen Frauenquoten?
Würden sie viel bringen, hätten sie sich wohl schon längst überall durchgesetzt. Ich hätte gerne mehr Mitarbeiterinnen, aber Frauen sind in meiner Branche schwer in der Minderheit.
Haben sich Ihre Führungsprinzipien im Lauf der Zeit verändert?
Ich arbeitete in Holland als Assistent eines Executive Vice President, ein wahrer Patriarch. Wahrscheinlich bekam ich dadurch den Eindruck, das müsse wohl so sein, wenn man führt. Also setzte ich früher immer viel Druck auf, arbeitete wohl eher mit der Brechstange als mit sanfteren Methoden. Vor längerer Zeit schon habe ich gelernt, dass das gar nicht die gewünschte Resultate bringt. Mit Motivation und Verständnis, aber auch einer lenkenden Hand kann man viel besser führen.
Die Berufswelt sei hektischer, belastender geworden, geht die Klage. Ihre Einschätzung?
Vor allem schneller. Eine Offerte muss schneller eingereicht werden, die Umsetzung muss schneller sein, ständige Erreichbarkeit per Mail wird vorausgesetzt. Deshalb muss man sich bewusst Auszeiten nehmen. Wenn ich nach Hause komme, schalte ich bspw. mein Handy ab, bis unsere beiden Kinder im Bett sind
Das Thema Nachhaltigkeit bewegt. Ihr Beitrag, heute und in Zukunft?
Nachhaltigkeit und Internet, das geht irgendwie nicht zusammen. Aber die Firma INM AG gibt es bereits seit 18 Jahren, und sie hat eigentlich immer durchschnittlich 30 Mitarbeiter. Als Inhaber kann ich eben langfristig denken und nicht in Quartalsergebnisssen. Das ist wohl mein Beitrag zur Nachhaltigkeit.
Wie spüren Sie die gegenwärtige Wirtschaftslage?
Grundsätzlich gut, wieder besser, kann nicht klagen. Allerdings: Wer meint, bei einer allgemein guten Wirtschaftslage gehe es der eigenen Firma automatisch gut, der irrt. Schönwetterkapitäne sind eben nicht nur in kritischen Zeiten fehl am Platz, sondern auch in guten.
Worüber haben Sie zuletzt gestritten?
Ich bin ein streitunlustiger Mensch. Wenn man zwei kleine Kinder hat, gibt es natürlich immer Konfliktpotenzial, aber nur im Kleinen. Der letzte Streit war, ob meine fünfjährige Tochter Ohrenringe tragen darf oder nicht. Steht zurzeit unentschieden.
Was bedeutet Ihnen Geld?
Meins muss reichen; ich habe keine teuren Hobbys und auch kein erotisches Verhältnis zu Geld. Mir ist es wichtiger, dass es meiner Firma gut geht, denn das lässt mich ruhig schlafen.
Welches ist der Stellenwert sozialer Netzwerke für Sie, beruflich wie privat?
Das fällt bei mir eigentlich zusammen, da sich meine Firma intensiv mit Social Media beschäftigt und viele andere Unternehmen auf diesem Gebiet berät und unterstützt. Da wäre es ja etwas merkwürdig, wenn der Inhaber ein gestörtes Verhältnis zu Facebook hätte, Twitter nicht benutzen oder bei Linkedin sagen würde: Was ist denn das?
Service-Clubs?
Aus familiären Gründen bin ich in einer Zunft, aus beruflichen Gründen in verschiedenen Clubs. Das gehört einfach zum Networking dazu, Kontakte knüpfen, Erfahrungen austauschen, kennenlernen und gekannt werden.
Hören Sie auf Ratschläge aus Ihrem privaten Umfeld?
Natürlich. Mit Unternehmer-Freunden tauscht man sich aus, es wäre ja dumm, das Gefühl zu haben, man habe keine Ratschläge nötig. Das gilt eigentlich in jedem Bereich des Lebens, auch im Privaten. Man entscheidet am Schluss aber immer selbst, ob man einen Ratschlag auch annimmt.
Vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl?
Ich weiss nicht so genau, was das sein soll. Ich bin eher der analytische Typ. Allerdings neige ich dazu, lieber schnell und halt auch mal falsch zu entscheiden, als viel zu lange zu überlegen, abzuwägen. Unternehmerischen Entscheidungen sind per Definition in die Zukunft gerichtet, und ob’s dann richtig war, weiss man erst im Nachhinein.
Wo waren Sie jüngst in den Ferien?
In Laax, über Ostern. Ich bin mit dem Velo hochgefahren, und dann haben wir zusammen Ostereier gesucht.
Wie gut kochen Sie?
Gut, gerne und scharf. Also Currys oder thailändische Gerichte, und dafür ziehe ich Chili auf dem eigenen Balkon. Meine Frau sagt, dass es ihr schmeckt, aber unsere Kinder bekommen natürlich etwas anderes, für sie wäre das zu pikant.
Olympische Spiele, grosse Fussballturniere - sind das besondere Tage für Sie?
Nein. Ich gehe gelegentlich an einen Hockeymatch, aber Sport schauen am TV, das mache ich fast nie. Ich treibe lieber selber Sport. Die Flandernrundfahrt würde ich nie anschauen, aber auch dieses Jahr habe ich an ihr teilgenommen.
Was bringt Ihnen wirklich Erholung?
Velofahren. Ausdauersportarten haben etwas Meditatives. Man braucht ja nicht viel Hirn, um in die Pedale zu treten. Also kann man dabei träumen, abschalten, die Gedanken fliegen lassen. Einfach die Füsse hochlegen oder am Strand liegen, das ist nichts für mich.
Worüber können Sie sich ärgern?
Wenn ich etwas besser gekonnt hätte, aber nicht gut gemacht habe. Wobei, man kann sich ja nur in Richtung Vergangenheit ärgern, und ich schaue lieber in die Zukunft.
Wie viele Stunden arbeiten Sie pro Tag?
So im Schnitt zehn bis zwölf Stunden.
Aus welchem Misserfolg haben Sie besonders viel gelernt?
Als einmal gleichzeitig zwei Grosskunden kündigten: dass man immer mit allem rechnen muss, dass die Theorie des schwarzen Schwans eben schon stimmt.
Auf welchem Gebiet haben Sie sich zuletzt weitergebildet?
Alles, was ich lese, dient meiner Weiterbildung. Ich gestehe, ich lese keine Romane oder Belletristik, sondern nur Fachbücher. Zuletzt war das eines über Psychologie, aber auch die Bibel interessiert mich.
Welchem Satz misstrauen Sie besonders?
Das sollte problemlos klappen.
Was missfällt Ihnen als Staatsbürger/in?
Man kann ohne übersteigerten Patriotismus sagen, dass wir alle in der Schweiz auf einem der schönsten Plätze der Erde leben. Wieso dann diese Neidkultur und der daraus abgeleitete Umverteilungswahn?
Sind Sie zuversichtlich für die Schweiz?
Nach allen internationalen Untersuchungen ist die Schweiz wohl der beste Platz auf der Welt, um geboren zu werden. Also wenn nicht wir zuversichtlich sein können, wer denn sonst?
Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Ich möchte gerne das Klavierspielen wieder aufnehmen. Ich werde auch in fünf Jahren noch Unternehmer sein. Aber Barpianist, sich hinsetzen und spielen können, querbeet, Klassisches, Jazz, Modernes, das wär’s schon. Und dazu auch noch singen. So wie Elton John oder Udo Jürgens. Natürlich nicht so gut, aber dass es dem Publikum gefällt.
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